Tampongeflüster Zykluskolumne

Tampongeflüster Zykluskolumne #11

13. September 2024
Zykluskolumne

Tampongeflüster Zykluskolumne #11 - Die Scham und ihre Profiteur:innen

Ich war im Kunsthaus an der Podiumsdiskussion Mind the Gap, in der Mirjam Varadinis gemeinsam mit Dominique Grisard, Nina Schedlmayer und Elisabeth Eberle anlässlich der Hulda Zwingli Ausstellung einen kritischen Blick auf die aktuellen Geschlechterverhältnisse in der Museumslandschaft warfen. Nach dem Podium tauschte ich mich mit den anderen Teilnehmerinnen aus. Da kam eine junge Frau auf uns zu, die gerade daran forscht, ob der Blick auf Kunst von weiblichen Kunstschaffenden aufgrund von gesellschaftlichen Vorurteilen anders ist, als der auf die männlichen.

Meine Kolleginnen meinten sie erleben es in ihrer Kunst so nicht. Ich konnte das von meiner Arbeit leider nicht sagen.
Vielfach habe ich schon erlebt dass, das Thema Zyklus auf Ablehnung stösst, bzw. die tabuisierende Haltung den Beitrag abwürgt. Dies habe ich schon während Ausstellungen erlebt, das Leute bei meinem Werk direkt abgedreht sind, davon gelaufen sind, oder peinlich berührt so schnell wie möglich weiter gelaufen sind. Auch schliesse ich es aufgrund von Floskeln, die ich schon im Absagetext gehört habe; „das Thema ist zwar sehr interessant, aber eine Nische“. Ganz ehrlich was ist genau eine Nische an etwas, das fast jede Frau im aktuellen Arbeitsleben zwischen 20-48 einmal im Monat betrifft?

Immer wieder komme bei mir auf die Beobachtung, das eben das Thema immer noch mit einer grossen persönlichen Scham behaftet ist. Es ist ein Thema das wie ein vollgefüllte Keller lieber einfach liegen gelassen wird bis zum nächsten Umzug, wo die Konfrontation dann unausweichlich ist.

Ein Licht geht mir auf, als ich im Buch „Periode ist politisch, ISBN: 978-3-453-27265-1. Franka Frei“ das Kapitel „Das Geschäft mit der Scham“ lese. Franka Frei fasst in diesem Abschnitt zusammen, wie unser Bild der Menstruation und auch ein stückweit unsere Frauenrolle in der Gesellschaft aktiv von der Werbung und den Herstellern von Monatshygiene Produkten beeinflusst wird. Ich kenne diese Geschichte auch aus meinem eigenen Arbeiten. Ich habe diese Werbung auch schon sehr kritisch hinterfragt.

Als ich nun aber erneut darauf schaue und den Text im Buch lese, wird mir bewusst, was für ein starkes Machtmittel, die Scham ist. Wir müssen uns bewusst sein, eine Frau die sich für ihren Zyklus schämt, tut sehr vieles um ihn zu verstecken und fühlt sich für etwas das eigentlich normal ist und dazugehört, falsch.

Hier beginnt ein toxischer Kreislauf. Aus dem Gefühl falsch zu sein, kommen wir nicht heraus, wenn uns die Gesellschaft ständig Bilder vorhält, die nicht der Realität und dem wirklichen Leben entsprechen. Dies löst Folgeprozesse in uns aus. Wir reagieren wiederum auf diese Situation. Unterbewusst wird das Thema immer mehr aufgeladen und die Konfrontation immer mehr zu einer Stresssituation, die keinen Ausweg hat. Auf das schon schwierige Grundgefühl, kommen nun noch weitere Gefühle wie, Hilflosigkeit, Verzweiflung, und Unfähigkeit sich aus der Situation zu lösen, dazu.

Kein Wunder sind immer mehr Frauen erschöpft. Bei all diesen inneren Vorgängen verpufft ein grosser Teil der Energie, die wir eigentlich für unseren Alltag nutzen können. Anstatt neue Ansätze, Frauen die aktiv die Welt gestalten, wiederholen sich die gewohnten patriarchalen Muster im Alltag.
Den Zyklus und die Scham weiterhin zu tabuisieren, bzw. unsere Gefühle für den Verkaufserfolg von Handelsprodukten zu missbrauchen, schwächt uns alle als Gesellschaft.

Was mir an dieser Stelle Hoffnung macht, ist die Berliner Firma Einhorn. Sie verkaufen Tampons, Binden und Kondome. Wer ihnen folgt merkt, es geht nicht nur um Gewinn und Profit, sondern mit ihrem Produkten und witzigen Sprüchen auf den Tampons und dem „Binden-Orakel“ normalisieren sie den Umgang mit dem Thema. Immer wieder diskutieren Sie aber auch Umwelt-Themen, haben ihren Struggle mit der Bio-Baumwolle-Produktion öffentlich gemacht, organisieren sich mit New-Work Modellen um so zeitgemässe und Lebensgerechte Arbeitsformen zu schaffen. Es geht also auch so.

Randnotiz: Die Produkte gibt's bei Galaxus, Coop und Manor.

Ich wünsche ihnen den Mut - wenn auch nur im Kleinen in einer Randbemerkung, viel mehr authentische Bilder ihres Erlebens zu teilen, als das Theater, was wir häufig zu sehen kriegen zu reproduzieren.

Zyklische Grüsse
Martina Portman

Mona Rosa www.monarosa.art
Zyklusheldin im Ohr www.zyklusheldin.ch