Tampongeflüster Zykluskolumne

Tampongeflüster Zykluskolumne #13

Datum
20. September 2024
Material & Technik
Zykluskolumne
Beschreibung

Tampongeflüster Zykluskolumne #13 - „Sie hat wieder ihre Tage“

Sie hat wieder ihre Tage, sie fühlt sich wieder schlapp, sie hat wieder Krämpfe, sie hat wieder das Gefühl der Ohnmacht und der Hilflosigkeit weil das Schmerzmittel nicht wirkt und die Kinder schon schreien, sie hat wieder den Zeitdruck die Kinder in die Kita zu bringen und ins Büro zu fahren, sie ist wieder erst da und startet den Arbeitstag und füllt sich schon kaputt und körperlich erschöpft, sie hat wieder schlecht geschlafen, sie spürt wieder das auch wenn sie etwas sagt, die Botschaft nicht ankommt, sie spürt wieder das sie nicht mit einem Menschen sprechen möchte, der sie ständig subtil auslacht, sie hat wieder Zweifel das sie alles falsch macht, weil es sich jetzt gerade so falsch im Körper anfüllt, sie hat wieder dröhnende Kopfschmerzen, sie hat wieder Panik, alles dreckig zu machen, sie hat wieder das Gefühl wie ein Schwein zu bluten, sie hat wieder den Druck nicht auszufallen, sie spürt wieder die Blicke auf sich, wenn sie schon zum dritten mal diesen Morgen zur Toilette laufen muss um den Tampon zu wechseln, sie hat wieder diese Abwehr gegen Penetration, aber ein Binde richt und noch mehr Stress will sie nicht, sie hat wieder ein schlechtes Gewissen, weil sie keinen Mooncup besitzt, sie hat wieder diese Sekundenschlafanfälle, sie hat wieder keinen Termin für die Eiseninfusion am Morgen bekommen, sie hat wieder keine Lust ständig frei zu nehmen um ihrer Gesundheit nachzurennen, sie hat wieder das Gefühl als Frau falsch zu sein, weil sie ihren Zyklus nicht feiert, Sie schämt sich wieder, weil sie eigentlich gar nichts über den Zyklus weiss, sie ist wieder konfrontiert mit den dummen Sprüchen ihres Arbeitskollegen, Sie ist wieder sprachlos was sie in der Zeitung liesst, sie hat wieder diese Enttäuschung in sich, weil sie wieder wahrnimmt, was sich nicht ändert, obwohl sie es anspricht, höflich darum bittet und ihr Bedürfnis benennt, sie hat wieder ihre Tage.

Das Tabu und der fehlende Fokus auf den Zyklus als Betriebssystem der Frau, die egal ob sie Kinder haben will oder schon gehabt hat, einfach als Ausdruck ihres gesunden Uterus menstruiert, sorgt dafür das viele Frauen ganz vieles mit sich selbst ausmachen. Das nicht einfach eine Phase lang, sondern Monat für Monat über 20-30 Jahre ihres Lebens. Das Wut, Überforderungen, Gefühlsexplosionen und Stimmungsschwankungen, die dann nicht mehr zurückgehalten werden können, daraus resultiert, ist oft auf die ganze Situation gesehen eigentlich eine gesunde Reaktion.

Doch diese gesunden Reaktionen werden uns von der Gesellschaft oft als falsch gespiegelt. „Tu doch nicht so.“ - „Meine Grossmutter hatte auch keine Probleme damit und hat einfach damit gelebt.“ - „Dann musst halt einfach Schmerzmittel nehmen und dann geht es.“ und ähnliches, sind Sätze die viele Frauen kennen.

Hier fängt das Problem an. Eine Frau menstruiert nicht weil es ihre beste Freundin auch seit einem halben Jahr ausprobiert oder es in der Anbelle steht oder es ein neuer Trend ist. Eine Frau menstruiert von Natur aus und genau dieses Thema wurde seit Platon von Männern mit Meinungen besetzt.

Diese Meinungen sind oft misogyn und haben nicht die Frau und ihre Gesundheit im Blick, sondern eine Machtordnung und Hierarchie herzustellen. (Wir kennen es als Patriarchat.) Was Frauen spüren, wie es sich anfühlt eine Gebärmutter zu haben, was also quasi die Expertin selber dazu sagt, interessierte lange keinen Mann und entsprechend fehlen Räume, die Rücksicht auf die Bedürfnisse von zyklischen Frauen nehmen.

Was mich aktuell sehr freut, ist das dieses Thema immer öfters Platz in der Gesellschaft findet. Es gibt Female Coaches, Zyklus-Yoga Angebote, Zyklus Workshops und Frauengruppen, die best Practices teilen. Viele Frauen haben heute den Mut mehr auf ihren Zyklus zu hören und als Ressource zu nutzen. Dabei fällt auf, das bei Frauen mit einem aktiven Zyklusbewusstsein, Stimmungsschwankungen, die Wutanfälle oder Erschöpfung abnehmen oder ein entspannterer Umgang damit möglich ist.

In diesem Sinne wünsche ich mir mehr Mut von beiden Geschlechtern, einmal mehr einander zu helfen und zu verstehen anstatt Mobbern, die nur abschätzige Witze machen, weiter das Feld zu überlassen.

Zyklische Grüsse
Martina Portman

Zyklusheldin im Ohr www.zyklusheldin.ch
Mona Rosa www.monarosa.art