Tampongeflüster Zykluskolumne

Tampongeflüster Zykluskolumne #17

Datum
24. September 2024
Material & Technik
Zykluskolumne
Beschreibung

Tampongeflüster Zykluskolumne #17 - Der Menstruationszyklus hat im Business keinen Platz. Er ist ja sowieso nur für die Fortpflanzung wichtig.

In diversen Weiterbildungen, Frauenpodien und Frauenförderungskursen hörte ich immer wieder in den letzten 10 Jahren über mein Recht zu schweigen, während Vorstellungsgesprächen über eine aktuelle oder mögliche Schwangerschaft und meine persönliche Familienplanung. Ich habe das nie wirklich hinterfragt sondern habe das unter Female-Empowerment und Gleichstellungserfolge in meiner Kopfschublade abgelegt.

Seit ich 30 Jahre alt bin, betrifft mich das Thema nun effektiv, denn bei Absagen schwingt immer wieder mit, wurde ich abgelehnt weil wirklich eine andere Person, besser passte, oder weil ich eine Frau im zeugungsfähigen Alter bin? Da ich immer irgendwo wieder einen Job und damit verbunden eine neue coole Herausforderung gefunden habe, denke ich ja es gibt das sicher - es gibt aber auch andere Modelle.

Heute frage ich mich bewusst, schützt uns dieses selbstauferlegte Schweigen wirklich oder reproduziert es nicht weiter ein patriarchales Machtsystem in dem wir die Alltagsrealität von Frauen systematisch tabuisieren und somit schwächen?

Einer der Gründe warum Menschen sich heute selbstständig machen, ist die Vereinbarkeit von Familie und Alltag. Selbständigkeit bietet die nötige Flexibilität beides unter einen Hut zu kriegen, wenn insbesondere Mann ausserhalb des klassischen Ernährerprinzip bei der Erziehung mitmachen will.

Daraus ist eine Bewegung entstanden von KMU die als familienfreundlich gelten und so Möglichkeiten zeigen, wie eine Work-Familiy-Balance funktionieren kann. Es gibt unzählige Beispiele von Eltern auf allen Kaderstufen, die zeigen es geht. Daraus ist ein politisches Bewusstsein geworden und unser Parlament diskutiert rege Vorschläge aus aus der Wirtschaft (FPD und GLP Frauen) und von feministischen Verbänden, dort aber zusammen mit der Perspektive der Care-Arbeit. Das ist für mich ein Erfolg und eine wichtige Gesellschaftsdiskussion, die längerfristig die Situation verändern wird.

Nun kehren wir zurück in den unmittelbaren Moment, in den Rahmen des Vorstellungsgesprächs. Wäre es jetzt nicht sinnvoll offen über die eigenen Pläne in Bezug auf Familienplanung oder dort, wo Kinder kein Thema sind über die Lebensplanung (Reisen, Weiterbildung, Sabatical, Ehrenamt) zu sprechen?

Durch das hätten CEO’s die Möglichkeiten Lösungen zu finden, bzw. Bedürfnisse zu hören und ernst zu nehmen. Automatisch wäre der Handlungsbedarf gegeben, weil wenn wir immer mehr hören, das Kinder gewollt sind und ein Wunsch nach einer Teilzeitstelle zum Beispiel da ist, oder ein konkreter Plan, wie ein Jahr Familienzeit und dann Wiedereinstieg, könnte auch besser geplant werden als knall auf Fall vor die Realität das in einem halben Jahr ein Kind kommt zwischen Kaffepause und dem nächsten Meeting zu erfahren.

Eine Schwangerschaft einer Mitarbeiterin bietet für einen Betrieb viele Chancen, wenn es genügend Vorlauf hat. Es könnte zum Beispiel Praktikant:innen direkt nachher übernommen und fest angestellt werden, wenn ich weiss, das eine andere Person ausfallen wird. In diesem Fall, entfällt die Einarbeitung. Es könnte auch frühzeitig eine Person eingearbeitet und gesucht werden.

Generell, wäre es für das Wohlbefinden aller beteiligten förderlich wenn die Verkündung einer Schwangerschaft mit den Worten: „Endlich, wir haben ja auch 3 Jahre mitgefiebert. Heute um 16:00 Uhr gibt es einen Saft-Apero zur Feier des Tages. Evelyn hat jetzt ein Baby an Board.“ beantworte werden würde.

Angesichts dieser Visionen, sehen wir wieder einmal mehr, zyklische Erfolgskonzepte brauchen Zeit, andere Ressourcen und Rücklagen. 9 Monate dauert eine Schwangerschaft, die meistens erst im 3 Monat kommuniziert wird. Im Best-Case bleibt ein halbes Jahr für eine Lösung. Vielfach ist aber schon ab dem 5. Monat mit einer Teilzeitbeschäftigung zu rechnen. Das ist zu knapp um eine nachhaltige Lösung zu schaffen. Für andere Modelle benötigt es meistens finanzielle zusätzliche Ressourcen.

Und genau diese Ressourcen können zurück gelegt werden, wenn eine Frau mit 27 oder 30 eingestellt wird mit Transparenz über ihre Zukunft. Diese Ressourcen könne zurück gelegt und reserviert werden, wenn Frauen als etablierter Teil der Arbeitswelt, so wie sie sind #natürlichzyklisch anerkannt werden und ihre Bedürfnisse sichtbar sind.

Wenn wir aber weiter beim Vorstellungsgespräch die knallharte „Boss-Bitch“ spielen müssen und Teile unseres Lebens verschweigen, werden wir auch nicht bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben und es ändert sich auch strukturell rein gar nichts zu unseren gunsten. Stellen sie sich vor sie wohnen in einer 3.5 Zimmer Wohnung und ein Zimmer ignorieren sie konsequent? Das macht doch überhaupt keinen Sinn.

Die Realität als CEO ist, das ich ab einem gewissen Punkt, Leute brauche und nicht mehr alles alleine schaffe. Genau wie in jeder anderen Beziehung braucht es ein Grundgefühl der Sicherheit und des Vertrauens. Ich weiss bei einigen fällt es schwer zu glauben, aber CEOs sind auch Menschen. Es entsteht mehr Qualität, wenn wir offen kommunizieren und so Vertrauen und Bindung aufbauen können.

Wenn im Vorstellungsgespräch schon die Offenheit fehlt, denke ich mir doch; „Okay, was verschweigt sie noch? Mir ist das ein zu heisser, ich nehme sicherheitshalber, die andere Person“. Die andere Person ist dann halt oft ein Mann.

Ein Mann der eben von sich und seiner Alltagsrealität, seinen Visionen häufig gar nichts verschweigen muss und sich so schon grundsätzlich in der Situation wohler fühlt, das auch ausstrahlt und somit einen besseren Eindruck hinterlässt. Einmal mehr sehe ich den Grund für Benachteiligungen in überholten, destruktiven Strukturen und Opfer-Täter-Retter-Dynamiken.

Und hier möchte ich nochmals einen Aspekt aufzeigen. Bevor eine Frau schwanger wird, bzw. überhaupt darüber nachdenkt, hat sie einen Zyklus. Auch Frauen mit Kindern, menstruieren auch nach der abgeschlossenen Familienplanung immer noch weiter. Ich stelle also fest, der Zyklus ist die natürliche Funktion des Organs Uterus. Hier fängt es schon an. Wir klammern relevante Themen, die einen grossen Einfluss auf unseren Alltag haben und eigentlich automatisch Raum einnehmen aus und halten weiter fest am Familienbild aus den 1970er Jahren mit traditionellen Rollenbildern, das so heute in der Mehrheit der Gesellschaft nicht mehr gelebt oder gewünscht wird.

Der Zyklus begleitet uns Frauen täglich. Wie viele Fallbeispiele zeigen, führt verdrängen und wegschauen nur zu grösserer Scham, Schmerzen und Leidensdruck. Benennen wir doch diese Themen mehr und flechten sie in den Alltag ein. So wird es eben auch zum Alltag und wir finden, wie für all die anderen Dinge einen alltäglichen Umgang damit.

Zyklische Grüsse
Martina Portman

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