Tampongeflüster Zykluskolumne #20
Tampongeflüster Zykluskolumne #20 - 1. Menstruation - jetzt bist du eine Frau oder doch nicht so ganz?
Eine stark vereinfachtes Konzept aus der Entwicklungspsychologie sagt, das ein Mensch ca. 28 Jahre braucht um voll ausgewachsen im Leben zu stehen.
In den ersten sieben Jahren wird der physische Körper geformt. Insbesondere das sensorische Erleben ist stark im Vordergrund und das Erlernen von Fähigkeiten, wie den Körper zu koordinieren und damit umzugehen. In den nächsten sieben Jahren werden die Grundlagen für die kognitive Entwicklung gelegt und das Gehirn entwickelt sich. Das ist eine Zeit in der sich vor allem das Denken entwickelt. In den nächsten sieben Jahren geht es um die Geschlechtsreife. Die individuellen Sexualorgane nehmen ihre Arbeit auf. Je nach Geschlecht verstärkt sich die Ausschüttung einzelner Hormongruppen und der Körper reift aus. Die letzten sieben Jahre dienen dem Platzfinden in der Gesellschaft. Es entwickelt sich die eigene Haltung, wie eigene Werte gelebt werden.
Was mich an diesem Konzept besonders abholt ist die Zeitdauer. Es ist klar, das etwas eben nicht von heute auf gleich geht sonder eine gewisse Zeit dauert. Auch der Zyklus funktioniert so. Schauen wir uns zum Beispiel die erste Zyklushälfte an. Je nach persönlichem Zyklus dauert zwischen 14 Tagen und 28 Tagen bis eine Eizelle reif ist und dann springt. Das ist für mich natürliche Lebendigkeit und eine Struktur, eine Zeitqualität die es zu pflegen gilt.
Und genau das finde ich geht oft vergessen wenn wir mit Jungen Menschen über den Zyklus Themen reden. Der Zyklus ist irgendwann Alltag. Jede von uns findet irgendwann den Umgang damit. So banal es klingt, aber für die einen ist es einfach etwas im Hintergrund, pragmatisch, schmerzhaft, eine Ressource oder sonst einfach der Lauf der Dinge. Wir haben unsere Strategien damit gefunden und spulen diese bei Bedarf ab. Vieles was wir machen, machen wir aus Erfahrung. Und das finde ich eine unglaublich wertvolle Ressource aber ist auch eng mit dem inneren Autopiloten verbunden.
Nun ein junges Mädchen hat diesen Erfahrungsschatz noch nicht. Und jetzt, wollen wir sie missionieren und unsere Erfahrung auf sie abwälzen? Oder wäre es sinnvoller Räume zu schaffen, in denen sie selber Erfahrungen sammeln können und sie dabei unterstützen, Eckel, Scham, Wut, Hilflosigkeit, Schwäche, Mut, Freude, Lust am Körper, Offenheit, Würde, eine eigene Sprache und Selbstwirksamkeit zuzulassen und sich den Umgang damit anzueignen?
Der Vater der plötzlich seine Tochter extrem Beschützen will, die Mutter die ihre Tochter pusht einen guten bezahlten Lohn zu haben, sagt sehr viel über die Alltagsrealität und die gewohnte Welt des Vaters und der Mutter aus. Zum einen merken Männer ja auch das sexualisierte Gewalt in der Gesellschaft stattfindet und Frauen spüren auch bei sich selbst oder im Bekantinnen-Kreis die strukturellen Probleme. Das Eltern für Kinder das beste wollen und ihnen Erfahrungen weiter geben, denke ich ist im Grundsatz sehr gut.
Was hat das jetzt mit Zyklus zu tun? Gar nichts und genau das ist der Punkt. Denn ganz ehrlich erst seit ca. fünf bis zehn Jahren ist der Zyklus und seine Funktion wirklich ein Thema im Aufklärungsunterricht und in der Gesellschaft. Viele von uns haben selber nicht gelernt wie mit dem eigenen Körper umgehen. Wissen selber nicht, wie mit dem eigenen Zyklus umgehen und haben grosse Fragezeichen bei dem Thema. Viele von uns wurden einfach ins kalte Wasser geworfen, jetzt menstruierst du, zack jetzt bist du eine Frau. Los - Frau keine dummen Fragen einfach funktionieren!
Für mich zeigt dies sehr deutlich den Handlungsbedarf und wie wichtig es ist, den Zyklus als persönliches Betriebssystem zu sehen und nicht nur als Mittel zum Zweck des Kinderkriegens.
Aus meiner Sicht gibt es hier noch genügend Raum über inhaltliche Erwachsenen-Alltags-Themen ab 21, wir erinnern uns an die Entwicklungspsychologie, zu sprechen. Denn genau auch im Studium, im ersten Job nach der Lehre, ist es wichtig eben keine faulen Kompromisse zu machen und das reicht völlig, wenn ein junge Frau in diesem Alter lernt Lohnverhandlungen zu führen.
Ich fände es wünschenswert wenn wir die Lebensjahre von 14-21 den Mädchen schenken um den eigenen Körper zu entdecken und den Zyklus im Alltag und kennen zu lernen. Ihnen den Raum schenken sich zu erfahren und eine positive Sexualität mit gleichaltrigen zu erleben.
Was mich hier besonders freut bzw. merke ich wie immer mehr Frauen wie zum Beispiel Luzia Mara Schucan Mädchenkreise exklusiv für Mädchen oder auch zusammen mit ihren Müttern anbieten. Häufig wird es verbunden mit Jahreszeiten oder dem Jahreszyklus. Das nimmt Tempo raus und schenkt Zeit. Zeit sich und den eigenen Körper, die eigene Dynamik und den eigenen Zyklus kennen zu lernen.
Zyklische Grüsse
Martina Portman
Kolumne www.tampongefluester.blog
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Mona Rosa www.monarosa.art