Tampongeflüster Zykluskolumne

Tampongeflüster Zykluskolumne #21

Datum
30. Oktober 2024
Material & Technik
Zykluskolumne
Beschreibung

Tampongeflüster Zykluskolumne #21 - Beziehung statt Perfektionismus

Durch meine Arbeit bin ich viel in Frauenräumen unterwegs. Ein Thema das mir aktuell besonders häufig auffällt, ist der Perfektionismus. Viele Frauen berichten davon, das was sie selber machen, niemals genug ist bzw. von der Angetriebenheit immer nochmals einen Durchlauf zu machen, bevor es sichtbar wird.

Qualität, die eigenen Arbeit kritisch zu hinterfragen und den Anspruch an Verbesserung zu haben finde ich im Grundsatz sehr gut. Auch für mich sind das gute Werte, die mir immer wieder Erfolge gebracht haben. Woher kommt aber diese kippen, in eine toxische Haltung, die mehr blockiert als alle andere?

Eine klare Antwort darauf habe ich leider nicht gefunden. Bei meiner Recherche sind mir folgende Punkte häufig begegnet. Ein Faktor ist der technischem Fortschritt, der dazu führt das unzählige Bereiche in unserem Alltag professionalisiert werden und somit alle, die sich diesen Fortschritt (finanziell) nicht leisten können stark unter Druck geraten um mitzuhalten und überhaupt den neuen „Normal-Zustand" zu erreichen bzw. auf diesem Level abzuliefern.

Ein anderer grosses Aspekt sind strukturelle Benachteiligungen. Viele Frauen werden anders beurteilt. Was sich Männer in der Arbeitswelt erlauben können, ist bei Frauen oft ein Grund für eine Herabstufung oder ein Ausschlusskriterium. Die Arbeit von Frauen fokussiert sich häufig auch auf andere Aspekte als die der Männer. Das ist eigentlich ein unglaublich wertvoller USP, wir aber von Männern nicht als solches erkannt sondern mit „Nebensächlichem Schwachsinn“ oder "am Thema vorbei - Inkompetent" etikettiert anstatt die Chance und das Potential darin zu erkennen.

Etwas das mir vor allem im Persönlichen Kontakt aufgefallen ist, ist der Satz „Der erste Eindruck zählt, es gibt keine Chance diesen zu wiederholen.“ Das hat mich besonders zum Nachdenken angeregt. Als ich jeweils nachgefragt habe, ist mir aufgefallen, viele fühlen sich in einer „Ich muss mich beweisen, sonst verliere ich alles Situation.“

Dies irritiert mich doch auch stark. Am Arbeitsplatz in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, innerhalb von Freundschaften und Familien entsteht für mich automatisch eine Beziehung. Beziehung bedeutet für mich, das wir längerfristig automatisch gemeinsam Erfahrungen sammeln und auf eine Art Held:innenreise nach J. Campel gehen werden. Sprich es kommen Aufgaben auf uns zu, wir müssen Lösungen finden, unbekannte Situationen meistern und immer wieder das gewöhnliche und Alltägliche gemeinsam bewältigen. Doch das Bewustsein für Beziehung und den Fokus darauf, findet heute vielerorts überhaupt nicht mehr statt.

Anstatt in Beziehung zu kommen und gute Beziehungen zu gesalten, schlägt die Perfektionismus-Bremse zu.
Viel nachhaltiger wäre es doch in Zyklen zu denken. Immer wieder hinzuschauen, unser gemeinsames Leben als ein Prototypen zu sehen, Erfahrungen bewusst auszuwerten und daraus immer wieder unsere Prototypen anzupassen. Dadurch entsteht über die Zeit automatisch Perfektion.

Sich Zeit zu geben, nimmt Tempo raus, erlaubt auch einmal eine Pause zu machen und im Alltag an mehrere Prototypen parallel zu arbeiten. Den Anspruch und damit verbundene Druck auf anhieb alles richtig zu machen entfällt und Fehler erfahren ein Refraiming als wertvolle Auslöser für Entwicklung. Das ist übrigens auch die Art und Weise wie eigentlich die Evolution ganz generell und stark verienfacht funktioniert.

Was mir in hier Hoffnung macht, das immer mehr Frauen für sich neue Wege gehen und sich mit inneren Ansprüchen und äusseren Rollenwerwartungen sichtbar werden und nach neuen Lösungen und Modellen suchen. Und genau durch das sichtbarwerden dieser Meinungen und Interessen fällt eben auf, es ist ein strukturelles Problem und liegt nicht an der Schwäche einer Einzelnen Person.

Ein besonders spannendes Projekt, das mir in den soziale Medien aufgefallen ist, ist https://mamibrennt.com/ ein Safe Space für berufstätige Mütter.

Zyklische Grüsse
Martina Portman

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